Der Vogelzug



… ist ein besonderes Schauspiel, das auch Fontane beobachten konnte.

Wir empfehlen für die Beobachtung z.B. einen Ausflug an die Altfriedländer Teiche oder ins Warthebruch nach Słońsk. In den Besucherzentren des Natur- bzw. Nationalparks gibt es dazu weitere Informationen.

Nationalpark Warthemündung
www.pnujsciewarty.gov.pl

Naturpark Märkische Schweiz
www.maerkische-schweiz-naturpark.de

Der Voglezug

Vogelzug
Im Frühling und Herbst kann an vielen Stellen in Brandenburg ein beeindruckendes Naturschauspiel beobachtet werden: der Vogelzug. Rund 30 000 nordische Gänse, 2000 bis 3500 Kraniche und viele andere Vogelarten nutzen die Altfriedländer Teiche als Rast- und Schlafplatz auf ihrem Flug in den Süden. Knapp die Hälfte aller Vogelarten auf der Erde begibt sich auf die lange und gefährliche Reise zu einem Winterquartier. Der Mensch und die Auswirkungen seiner Handlungen sind dabei die größte Gefahr für die Zugvögel.
Die Erkenntnis des Vogelzugs
Bis vor 200 Jahren gab es viele verschiedenen Theorien, was Vögel im Winter machen. Der englische Naturforscher Charles Morton (1627-1698) vermutete, dass Störche, Kraniche und Schwalben auf dem Mond überwintern. Einen Monat, so schätzte Morton, bräuchten die Vögel für die Strecke zwischen der Erde und ihrem Trabanten, die sie dank des Fehlens von Luftwiderstand und Schwerkraft recht bequem und meist schlafend bewältigten. Carl von Linné (1707-1778), der schwedische Begründer der systematischen Botanik und Zoologie, war überzeugt davon, dass Schwalben den Winter im Schlamm auf dem Grunde von Seen verbrächten. Der Reichsgraf Christian Ludwig von Bothmer (1773-1848) ging in der Nähe seines Schlosses bei Klütz, im Nordwesten Mecklenburg-Vorpommerns, auf die Jagd. Er erlegte mit seinem Jagdgewehr einen Storch, in dessen Halsmitte ein 80 cm langer Pfeil steckte. Heinrich Gustav Flörke (1764–1835), Arzt und Botaniker an der Universität Rostock, untersuchte den Storch genauer und stellte fest: „Da die eiserne Spitze oben eingeklemmt und mit Sehnen an dem Ende des Pfeils befestigt ist, so lässt sich auf ein sehr entferntes Winterquartier schließen, wo dieser Storch den Schuss erhalten hat“. Der Pfeil sei überdies „aus sehr feinaderigem tropischen Holze“, merkte der Botaniker in seinem ersten, an den Rektor seiner Universität gerichteten Bericht vom August 1822 noch an, ging aber nicht weiter auf den wahrscheinlichen Herkunftsort des Geschosses ein. Mit der Zeit wurden immer wieder derart verletzte Vögel gefunden und untersucht. Dadurch festigte sich die These, dass einige Vögel auf dem afrikanischen Kontinent überwinterten. Der vom Reichsgraf erschossene Storch ging als „Mecklenburger Pfeilstorch“ in die Geschichte ein und kann noch heute in der zoologischen Sammlung in Rostock besichtigt werden.
Die Routen der Zugvögel
Etwa zwei Milliarden Zugvögel machen sich ab August auf den Weg in den Süden. Dabei fliegen sie über drei verschiedene Routen nach Afrika. Nur sehr wenige Arten wie Pirol, Kuckuck und Rauchschwalbe wählen den direkten Weg in den Süden. Diese Route ist um ein Vielfaches strapaziöser und gefährlicher, da die Direktflieger ohne Rastmöglichkeit die Alpen überqueren und weite Strecken über das Mittelmeer und die Sahara zurücklegen müssen. Daher wählen die meisten Zugvögel die sogenannte Ost- oder Westroute. Auf beiden Routen müssen sie zwar eine größere Distanz zurücklegen, haben jedoch den entscheidenden Vorteil, dass sie während ihrer Reise immer wieder wasser- und nahrungsreiche Rastplätze, wie hier in Altfriedland, ansteuern können. Während sich die Ostroute über den Balkan, die Türkei, Syrien und Israel erstreckt, verläuft die Westroute über Frankreich, Spanien nach Marokko. Mittelstreckenzieher haben dann ihr Ziel schon erreicht. Sowohl die Meerenge von Gibraltar als auch Israel sind Gebiete, durch die viele Zugvögel fliegen. Die sogenannten Langstreckenzieher überqueren die Sahara. Ziele auf der westlichen Route sind die fruchtbaren Ebenen im Nigerbogen oder die Vogelparadiese an der Westküste Afrikas. Langstreckenzieher, die auf der Ostroute unterwegs sind, müssen zunächst die Sahara überqueren und nutzen dann den Ostafrikanischen Grabenbruch wie eine Autobahn. Da die Landschaft sehr charakteristisch ist, können sie sich gut orientieren. Außerdem finden sie an den Ufern der Seenkette des Ostafrikanischen Grabenbruchs jede Menge Futter. Ziele sind die afrikanische Ostküste von Kenia und Tansania, das Okavango-Delta mit seinen riesigen Sumpfgebieten oder der Fluss Sambesi. Einige Zugvögel fliegen auch noch weiter, wie z.B. die Rauchschwalbe, die u.a. in Südafrika überwintert.
Wohin fliegen die Kraniche, die hier Rast machen?
Die Kraniche, die hier in Altfriedland Rast machen, kommen meist aus Skandinavien und dem Baltikum. Eine erste Rast ist in der Matsalubucht (Estland). Sie fliegen oft Etappen von 500 bis 600 km am Stück. Einige Kraniche machen nach Altfriedland noch einen kleinen Zwischenstopp am Helmestausee in Kelbra (50 km nördlich von Erfurt), bevor sie in Nordostfrankreich an dem Lac du Der (100 km westlich von Nancy) erneut eine Rast machen. Für immer mehr Kraniche ist das aufgrund der Veränderung des Klimas der letzte Stopp, bevor Sie ihr Winterquartier in Südfrankreich um Arjuzanx (50 km südlich von Bordeaux) erreichen. Einige Kraniche fliegen noch weiter bis nach Spanien in die Region Extremadura (200 km südwestlich von Madrid). Aufgrund der milden Winter bleiben jedoch auch immer mehr Kraniche hier.
Warum ziehen Vögel? Und wie orientieren sie sich?
Zugvögel nehmen die weite, kräftezehrende Reise auf sich, um ganzjährig genügend Nahrung zur Verfügung zu haben. Im Frühjahr ziehen sie in den Norden, wo sie im Sommer besonders viele Insekten, Kerne und Samen finden. Dieses üppige Nahrungsangebot ist wichtig, um zu brüten und die Jungen erfolgreich aufzuziehen. Wenn es im Herbst im Norden kälter wird, ziehen die Vögel in wärmere und oft auch feuchtere Gegenden, um weiterhin genügend Nahrung zu finden. Die Zugvögel spüren einen genetisch vererbten Drang, sich auf den Vogelzug zu begeben. Zur Orientierung auf ihrer Reise nutzen die Zugvögel vier Formen der Navigation:
Magnetfeld-Navigation
Zugvögel sind der Lage, die Magnetfeldlinien der Erde wahrzunehmen. Die Tiere erkennen dadurch, ob sie „polwärts“ oder „äquatorwärts“ fliegen. Um große Städte herum gibt es aufgrund von menschlich erzeugter elektromagnetischer Strahlung gelegentlich Irritationen bei der Orientierung.
Sonnenstand-Navigation
Vögel, die am Tag ziehen, orientieren sich am Sonnenstand. Dabei beachten sie die Sonne im Tagesverlauf, um so die Himmelsrichtung korrekt zuordnen zu können. Anders als wir können sie die UV-Strahlung des Sonnenlichts sehen. Deshalb wissen sie auch an bewölkten Tagen, wo sich die Sonne gerade befindet.
Sternenstand-Navigation
Nachts ziehende Vogelarten orientieren sich dagegen am Stand und der Rotation der Himmelskörper. Dabei helfen ihnen Fixpunkte, wie z.B. der Nordstern.
Geographische Navigation
Landmarken, wie z.B. große Berge, Seen, Flüsse etc. helfen den Zugvögeln zusätzlich, den richtigen Weg zu finden. Einige Arten müssen das Wissen über den Zugweg erlernen. Bei anderen Arten ist dies genetisch verankert.
Gefahren
Starke Winde, Wetterextreme, Licht- und Luftverschmutzung führen dazu, dass die Vögel zeitweise ihre Orientierung verlieren und dadurch mehr Energiereserven verbrauchen. Für kranke und unerfahrene Tiere sind dies lebens- bedrohliche Zustände. Illegale Fangnetze im Mittelmeerraum führen dazu, dass jedes Jahr 25 Millionen Vögel tot als Delikatesse oder lebend als Ziervogel verkauft werden. Auch ungesicherte Strommasten und Windräder stellen eine Gefahr für Vögel (nicht nur für Zugvögel) dar. Die größte Bedrohung ist jedoch die Nutzung von hochwirksamen Breitband-Herbiziden und -Insektiziden in der Landwirtschaft. Dies hat dazu geführt, dass es innerhalb von 27 Jahren einen Rückgang der Fluginsekten von 76 % gegeben hat. Dieser drastische Rückgang führt dazu, dass besonders Jungvögel schon geschwächt losfliegen und das Nahrungsangebot auf der Reise deutlich geringer ist. Selbst ein kleiner naturbelassener Bereich im Garten kann daher schon ein wichtiger Beitrag sein, um die Insektenvielfalt und somit das Nahrungsangebot zu fördern.
Klimawandel und Zugvögel – Gewinner und Verlierer
Durch den Temperaturanstieg und den dadurch immer früher einsetzenden Frühlingsbeginn, kehren die Zugvögel jährlich früher zurück nach Deutschland. Mehlschwalben fliegen inzwischen durchschnittlich zehn Tage früher in Nordafrika los als noch vor 30 Jahren. Mönchsgrasmücken kommen sogar bis zu 17 Tage früher zurück. Aufgrund der milderen Winter haben sie zudem ihre Flugroute völlig geändert. Statt in Südeuropa oder Nordafrika zu überwintern, fliegen immer mehr Mönchsgrasmücken nach England. Einige überwintern sogar in Deutschland. Weißstörche sparen sich den kräftezehrenden Flug über die Straße von Gibraltar und bleiben in Südspanien. Für andere Vogelarten wird der Vogelzug immer anstrengender und gefährlicher. Weltweit breiten sich Wüsten immer mehr aus und die Anzahl der Feuchtgebiete nimmt ab. Damit müssen Zugvögel immer weitere Strecken zu Rastplätzen zurücklegen. Der Trauerschnäpper z.B. verbringt den Winter immer südlich der Sahara und ist damit ein Langstreckenzieher. Langstreckenzieher halten stärker an Zugmustern fest als Kurzstreckenzieher, da der Zugzeitpunkt im Erbgut fixiert ist. Aufgrund der zunehmenden Strapazen kommt der Trauerschnäpper zunehmend später als gewöhnlich nach Deutschland zurück. Frühheimkehrer und neue Standvögel haben Brutplätze bereits belegt, wodurch das sowieso schon knappe Nahrungsangebot noch geringer ausfällt, so dass der Trauerschnäpper in Deutschland bereits als gefährdete Art in der Roten Liste der Brutvögel aufgeführt ist.